FORMAT
noise94, LP
noise95, CD

STATUS
available

RUNNINGTIME
40 min. 52 sec.

TRACKLIST LP
A1 Fieber (3:41)
A2 Geisterbahn (3:35)
A3 Frühlingsgespenster (3:20)
A4 Kodachrom (4:58)
A5 Bella Ciao (4:08)
B1 Saurer Regen (3:22)
B2 Einsame Gammler (4:26)
B3 Gott straft das Internet (4:11)
B4 Macht kaputt, was euch kaputt macht( 3:30)
B5 Sterben am Strand (4:37)

PRESSING INFORMATION
300 copies, pink vinyl, 180g, printed innersleeve, DL code included

TRACKLIST CD
01 Fieber (3:41)
02 Geisterbahn (3:35)
03 Frühlingsgespenster (3:20)
04 Kodachrom (4:58)
05 Bella Ciao (4:08)
06 Saurer Regen (3:22)
07 Einsame Gammler (4:26)
08 Gott straft das Internet (4:11)
09 Macht kaputt, was euch kaputt macht( 3:30)
10 Sterben am Strand (4:37)

PRESSING INFORMATION
500 copies, digipak, booklet inkluded

RELEASE DATE
14.05. 2021

vinyl-keks.eu

Grundsätzlich können die Buben im Pelz ja nichts falsch machen, solange sie sich an Ihrem Debüt – der Wiener „Coverversion“ von The Velvet Underground & Nico – orientieren. Nein, natürlich sollen sie sich auch weiterentwickeln, alles andere wäre ja auch irgendwie langweilig. Trotzdem ist es wichtig, bestimmte Elemente beizubehalten, um einen Wiedererkunnungsfaktor zu haben und dazu gehört hier natürlich auch der Dialekt.
Jedenfalls wurde das vorliegende Album „Geisterbahn“ bereits 2019 aufgenommen, allerdings wie bei so vielen Produktionen pandemie-bedingt erst jetzt veröffentlicht. Mitgewirkt hat hier auch Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten, denn zwischen den Musikern bzw. Bands herrscht gegenseitige Sympathie – warum also nicht kollaborieren.
Eröffnet wird der Langspieler mit „Fieber“, einer fuzzigen Blues/Rock’n’Roll-Nummer á la White Stripes oder alte Black Keys. Im Gegensatz zu anderen Bands aus Wien, ich möchte jetzt keine Namen nennen, wirkt bei den Buben im Pelz alles deutlich authentischer und viel weniger aufgesetzt. Ich merke, dass den Jungs einfach Spaß macht zu tun, was sie tun und es ihnen nicht darum geht, eine möglichst breite Hörer*innenschaft zu erreichen – obwohl sie das absolut verdient hätten.
Die Buben im Pelz sind auf ihrem auf Noise Appeal Records erschienen Album „Geisterbahn“ wunderbar vielseitig unterwegs. Das Album ist eine Länder und Städte übergreifende Produktion, an deren Ende ein schöner und kruder Mix entstanden ist. Von 60s-Garage-Rock über Cover-Ehrungen der Scherben oder einer „Wiener Schwermut“-Version von „Bella Ciao“ (ich konnte es ja wirklich nicht mehr hören – aber das geht total klar) bis zur gefühlvollen Ballade ist bei den zehn Songs für alle was dabei. Übrigens erinnert mich die Buben im Pelz-Version von „Bella Ciao“ enorm an Nicos „Welt der Träume“.
Auch der Post-Punk kommt den Buben nicht ungenutzt davon, der wird im dystopischen Titel „Saurer Regen“bemüht – und das mit absolutem Know-how. „Geisterbahn“ ist kein wild zusammengestückeltes Machwerk, sondern ein wohl eingependeltes Gleichgewicht zwischen Ordnung und Chaos, zwischen Schönheit und Grausamkeit. Sogar innerhalb einzelner Songs, wie zum Beispiel „Gott straft das Internet“ wird eine Abwechslung zwischen Tragik, Humor, Ballade und Punk dargeboten, die manche andere Combo über ihre gesamte Diskografie nicht zusammenbekommt.
Alles im allem ein absolut gelungenes zweites (wenn man mal das Cover-Album raus nimmt sogar erstes) Album. Ausgewogen, abwechslungsreich und authentisch. Auch die Aufmachung des Covers passt einwandfrei zur Musik – etwas distanziert, aber trotzdem irgendwie cool. Das Inlay liefert Texte zum Mitsingen und die Platte kommt in rotem Vinyl daher. Dieses Album ist sehr gut. (John Donson)

www.beatblogger.de

Von der Neigungsgruppe zum Pelz: Die beiden FM4-Moderatoren David Pfister und Christian Fuchs suchten und fanden 2014 ein neues Vehikel für ihren Wiener Dialekt-Ansatz und coverten als Die Buben im Pelz das legendäre Velvet Underground-Debüt. Später folgte noch eine Platte mit eigenem Material, das Line-up wurde weiter ausgebaut und schließlich nahm man im Herbst 2019 eine neue Platte auf, unter anderem mit Alexander Hacke von Einstürzende Neubauten. Bestens bekannten Umständen ist die um ein Jahr verschobene Veröffentlichung des Drittlings „Geisterbahn“ geschuldet, die Wartezeit lohnt sich allerdings.
Zu den diversen Eigenkompositionen gesellt sich wieder das eine oder andere Cover, natürlich dialektal adaptiert. „Macht kaputt was euch kaputt macht“ tankt sich durch herrlich dissonante, heisere Ton Steine Scherben mit grantig-revolutionärer Kante, während „Bella Ciao“ eine fatalistische Wienerlied-Adaption des Partisanenoriginals mit einer heulenden, entstellen Gitarre paart und in der Donau versenkt – ein unerwartet großartiger Moment. Im Vergleich dazu wirkt das eröffnende „Fieber“ fast schon trivial als klassischer, ruppiger Rocker, vielleicht aber gerade deswegen großartig. Mit einfachsten Mitteln brennen sich die Saiten in den Pelz.
Davon ist im schwerfälligen, sehnsüchtigen „Gott straft das Internet“ lange nichts zu hören, erst spät hebt das Arrangement ab. Die Troll-Breitseite nebst Garagen-Rock kommt in seiner zunächst reduzierten Form so und so gut. Im Vintage-Nebel von „Kodachrom“ suchen die Buben Ausflüchte aus der Gegenwart und werfen mit beißender, aus Trauer entstandener Melancholie um sich, die im Titelsong „Geisterbahn“ Gift und Galle speit, kurz vor einer punkigen Explosion steht und dabei nach einer Fassung ringt, die bereits vor Jahren verloren gegangen scheint. Wenn das dröhnende „Saurer Regen“ schließlich mit Post-Punk-Nihilismus spielt, lösen sich sämtliche Befindlichkeiten in geschmackvolle Einzelteile auf.
Bekömmlicher Grant treibt abermals erschaudernd schöne (Stil-)Blüten: Die Buben im Pelz fahren die „Geisterbahn“ rauf und runter mit wachsender Begeisterung und Eskalation. Das Rezept aus starken Eigenkomposition und ein paar Überraschungs-Cover-Versionen geht prächtig auf, der Sound wirkt noch eine Spur breiter aufgestellt mit entsprechendenden Velvet Underground-Callbacks, typischem Wiener Charme (sofern man das so nennen möchte) und knackiger Melancholie. Abermals ist für aufwühlende Unterhaltung gesorgt, abermals schält sich der Pelz mit bekömmlichem Wahnsinn. (Walter Kraus, 4/5)

www.haubentaucher.at

Eine pelzige Boyband, wie sie wohl nur in Wien vorstellbar ist. Sechs Herren mittleren Alters rund um die Ex-Grazer Christian Fuchs und David Pfister (ja, die von FM4), die man im Pressetext nicht gänzlich unberechtigt als „Indie Allstar Band“ bezeichnet. Die Geisterbahn führt tief in die Höhle des Rock’n’Roll, offenbar hat man fürs erste genug von Elektronik und Dance-Zeugs, aber auch von der harten Gangart. Ein wenig Punk-Attitüde gibt es dann aber schon auch und in Summe ist das eine herrliche Retro-Platte, die auch Fans von Kreisky, dem Nino oder dem Voodoo gefallen könnte. Herausragend, das muss man sagen, sind die Drums von Gernot Scheitbauer. Und einen veritablen FM4-kompatiblen Indie-Hit in spe hat man auch in der Geisterbahn versteckt: Frühlingsgespenster

www.krone.at

Die Buben im Pelz: Menschen ohne Freunde
Sich im Streaming-Zeitalter und fehlender Liveshows zu einer Sechs-Mann-Band aufzublasen ist vielleicht die Fuck-You-Attitüde des Jahres. Großspurigkeit ist freilich erlaubt, wenn sie auch qualitativ umgesetzt werden kann. Die Buben im Pelz sorgen auf ihrem Drittwerk „Geisterbahn“ für dystopische Wien-Romantik. Im Interview ging es aber auch um Schullandwochen, zermürbende Leistungsgesellschaften und die Disziplin der Kreativen.
Der Grat zwischen Größenwahn, Selbstvertrauen und Mut ist ein schmaler. Wenn man sich zum Beispiel das unsterbliche Debütalbum der noch unsterblicheren Velvet Underground zu Eigen macht und mit einer beneidenswerten Chuzpe „einwienert“, dann wandelt man unweigerlich ohne Netz und doppeltem Boden auf dem dünnen Seil der kunstvollen Frivolität. Umso beeindruckender ist es freilich, wenn das wagemutige Experiment gelingt und man zwei Jahre später mit „Katzenfestung“ ein Album nachlegt, das ausschließlich aus eigenen Songs besteht und souverän beweist, dass man nicht nur als Kopist zu bestehen weiß, sondern auch der Innovationsgeist ein gelungener ist. Die Buben im Pelz sind nun vom anfänglichen, durch FM4 und zig kunterbunte Bands bekannten Duo Christian Fuchs und David Pfister zu einem waschechten Sextett gewachsen. Name-Dropping-technisch heißt das so viel wie: hier paaren sich Scarabeusdream, Destroyed But Not Defeated, The Devil And The Universe, Black Palms Orchestra und Neigungsgruppe Sex, Gewalt & gute Laune zu einer bunten Gemengelage der dystopischen Morbidität namens „Geisterbahn“. Werk drei. Das erste in einer unökonomischen Massivbesetzung.
Eine kleine Welt
„Ein Mitglied löste das andere ab und so entstand aus dieser Band in den letzten Jahren eine Art Prog-Rock-Manifestation“, erklärt Pfister im Gespräch mit der „Krone“, „aber es hat uns allen so viel Freude bereitet, dass wir gemeinsam weitergeschwommen sind und das Album entwickelten. Wir haben als Gruppe mit dieser Platte eine kleine Welt entwickelt und das fühlt sich großartig befriedigend an.“ Die gerne in Schwarz posierenden Herren haben durch andere Brotjobs und Projekte den großen Vorteil der völligen Zwanglosigkeit. Bei adoleszenten Sturm-und-Dranglern würde das in (be)rauschenden Nächten enden, im Buben-Korsett wurden die zehn Songs mit eifriger Disziplin und Hingabe geschnürt. „Bei sechs Leuten mit dichten Plänen muss man sehr effizient und organisiert sein“, erläutert Fuchs, „sobald einer ein Bier aufreißen und zu lange überlegen würde, wäre der Abend verloren.“ Keyboarder Bernd Supper streicht aber sofort das Positive hervor: „Bei all dieser Effizienz und Logistik gab es aber immer viele Freiheiten. Es hat sich nie nach Stress angefühlt und wir hatten viel Freude daran, wenig zu schlafen.“
Schlaf wäre auch überbewertet bei den dunklen Nachtgespenstern, denn eine Geisterbahn wirkt tagsüber bekanntlich nur halb so gut. Dass die einzelnen Bandmitglieder einen Hang zum Unheilvollen haben ist Szenekundigen bekannt, doch die apokalyptische Stimmung der einzelnen Songs hat nur peripher mit der Corona-Pandemie zu tun. Geschrieben wurden die Songs nämlich schon lange vorher, aufgenommen ebenso. Bei Alexander Lausch in Wien und der Einstürzenden-Neubauten-Legende Alexander Hacke in Berlin-Wedding. Schrottplatzatmosphäre inklusive. Alle sechs reisten für knapp zwei Wochen in die Metropole und waren mit einer interessanten Mischung aus Arbeitsatmosphäre, Legendenverehrung und Schullandwoche konfrontiert. „Für uns war es auch ein Test, ob wir so zusammen funktionieren. Wir sind ja irgendwie über das Livespielen und den Proberaum als Band zusammengewachsen. Ganz organisch, ohne Plan. Es war fast wie ein kleines Wunder. Und dass wir uns auch auf engem Raum so gut verstanden, inspirierte das Songwriting stark.“
Gerechte Aufteilung
David Pfister ergänzt das „match made in heaven“ folgendermaßen: „Die Neubauten sind nicht nur von ihrer Ästhetik her, sondern auch in ihrem Umgang mit Texten ein wichtiger Baustein für das eigene Tun. Wir wollten mit ,Geisterbahn‘ ein diffuses Gefühl abbilden und dafür war Alexander Hacke der Richtige. ,Katzenfestung‘ sollte eine Parallele zwischen den New Yorker Spät-60ern und der damaligen Gegenwart sein. Jetzt wollten wir ein loses Konzept vermischt aus der aktuellen Wiener Gegenwart mit den Berliner Beat-80ern vor dem Mauerfall skizzieren.“ Die Textaufteilung war dieses Mal klarer als je zuvor. Pfister sorgte vornehmlich für die düsterromantischen Liebeslieder, Fuchs hatte ebenjene laut Eigenbekunden schon davor verschossen und erstmals versucht die Außenwelt zu beobachten. Auf sarkastische Art und Weise freilich, was dem Wiener Lokalkolorit nur zuträglich ist. So ist der Titeltrack programmatisch für eine Gegenwart, die beim Songwriting noch gar nicht vorhersehbar war. „Wenn man an manchen Demosamstagen im ersten Bezirk herumspaziert und die Leute in seltsamen Verkleidungen sieht hat das schon was von einer Geisterbahn“, lacht Fuchs, „die Realität hat die Fiktion längst eingeholt.“
Neben der musikalischen Romantik sind die doppelbödigen Texte freilich ein Trumpf im Pelzbuben-Camp. So spricht Fuchs in seinem Song „Gott straft das Internet“ ein unmissverständliches Machtwort. Wer solle all die Trolle im World Wide Web denn zum Schweigen bringen, wenn nicht der Gott aus dem Alten Testament? „Ein extremer Troll ist meistens jemand, der mental nicht topfit ist. Da ist ein Abstandhalten und Ignorieren dem Gegenüber manchmal besser. Ich finde ja interessant, welchen Wandel die Rolle des Internets mittlerweile schon gemacht hat. Je berühmter und intelligenter Menschen sind, umso seltener halten sie sich dort auf. In diesen Kreisen wird es schon mit Rauchen und ungesundem Essen gleichgesetzt. Es ist als toxisch verschrien.“ Keinesfalls toxisch ist die Rückschau zu „VHS, Super-8 und Nokia“ im wundervollen „Kodachrome“ oder das elegische „Sterben am Strand“. Wien verpflichtet sozusagen. Die Hoffnung darf nie den Optimismus überragen – zumindest nicht in der Kunst.
Süße Frucht Freiheit
Wie sehr die Buben im Pelz trotz aller Allgemeingültigkeit den Zeitgeist treffen, zeigt nicht zuletzt der Track „Einsame Gammler“ Eine Ode an all jene, denen die Systemgesellschaft und der Leistungsdruck zunehmend am Geist gehen. Meistens ist ein bisserl weniger doch viel mehr. „Mein perfekter Tag wäre aufzuwachen und keinen einzigen Termin zu haben“, lacht Pfister, „eine süße, lockende und kostbare Frucht, die leider nie eintritt.“ Supper hingegen braucht bei aller Freiheitsliebe eine gewisse Grundstruktur. „Ich denke aber schon viel darüber nach, inwieweit man sich in ein Korsett zwängen oder sich einem Wettbewerb wiederfinden muss, ohne sich bewusst dafür zu entscheiden. Der Mensch hamstert doch sehr schnell wo mit. Erwachsenwerden und Vernunft bedeuten oft dem Geldbörserl mehr Recht zu geben als seinen eigenen Bedürfnissen. Diese Aussage ist natürlich sehr privilegiert, aber sie trifft doch sehr oft zu.“
Die Buben im Pelz oszillieren zwischen Punk und Pop, zwischen düsterer Romantik und hoffnungsfroher Dystopie, zwischen Wiener Lokal-Chic und breitflächigem Austriazismus. „Wir leben in einer sehr privilegierten Geisterbahn in einem Luxusprater“, erklärt Pfister noch einmal den Albumtitel im Detail, „uns geht’s ja doch nicht so schlecht hier. Christian und ich haben 2019 beide ein Gefühl der Unsicherheit empfunden und dieser Geist ist der Spannungsbogen für das Album, der sich durch die einzelnen Texte zieht.“ Eine gesellschaftliche Befindlichkeit hätten die Buben im Pelz schon beim Vorgänger vor vier Jahren angedeutet, wie Fuchs ergänzend erklärt: „Das Lied ,Katzenfestung‘ ging mitunter darum, dass sich manche Leute lieber daheim einsperren und mit ihren Katzen spielen oder sich Katzenvideos ansehen. Diese Leute gehen heute eh wieder gerne raus, um zu demonstrieren.“
Kein Leid nötig
Die Buben im Pelz funktionieren als Kollektiv und in grenzenloser Ungezwungenheit. „Wir alle sind Liebhabermusiker und können uns gut einteilen, wie viel Zeit wir in welches Projekt stecken, ohne das auch nur eines wesentlich darunter leidet oder sich vernachlässigt fühlt“, so Supper, „wir spielen ja zum Glück nicht gleichzeitig bei Guns N‘ Roses und Bon Jovi.“ Da die Musiker vom Fach sind und das blinde Verständnis im Bandcamp floriert, spart man sich auch häufige Proben. „Ich finde es selbst extrem faszinierend, wie reibungslos das hier verläuft“, so Fuchs freudig, „normal tüftle ich monatelang an Liedern herum. Das war hier aber nie der Fall.“ Nur bei einer Kleinigkeit ließ das Sextett seine Konsequenz vermissen. Auf den Vorschlag von Hacke, das Album doch „Menschen ohne Freunde“ zu nennen, ging man aufgrund der Corona-Situation doch nicht ein. Schade eigentlich. (Robert Fröwein)

www.kleinezeitung.at

Buben im Pelz: Neues Album in Rot-Grau-Rot
Zwischen New York und Wien passt oft kein Beat. Die Buben im Pelz machen austriakischen Rock, nun zu hören auf dem Album „Geisterbahn“.
Der Name der Band ist österreichisch, sehr österreichisch: Gefunden hat man ihn während der Arbeit am Debüt, für das die Buben im Pelz ein klassisches New Yorker Album ins Österreichische übersetzten. „Velvet Underground feat. Nico“, das epochale Werk, für das John Cale und Lou Reed auch eine Hommage an den Schriftsteller Leopold Sacher-Masoch aufgenommen hatten. Aus der „Venus im Pelz“ wurde damals „Venus in Furs“ und beider Re-Austrifizierung „Die Buben im Pelz“.
Das alles war Resultat einer fünfminütigen Überlegung auf einer Zugfahrt zu Aufnahmesessions in der Südsteiermark im Jahr 2014, wie Christian Fuchs erzählt. Fuchs ist gemeinsam mit Christof Baumgartner der steirische Beitrag zu den Buben. David Pfister ist der einzige echte Wiener des Sextetts, aber für die anderen war die Einfühlung ins Wienerische nicht allzu schwierig. Christof Baumgartner: „Das Morbide war von Anfang an immer dabei in der Band“. Fuchs beschreibt es als eine „düstere Idylle“: „Ich bin nicht mit dem Austropop von Fendrich und Ambros aufgewachsen, mir haben meine Eltern die Platten von Kurt Sowinetz und Helmut Qualtinger vorgespielt. Das habe ich immer super gefunden.“ Auf dem neuen Album „Geisterbahn“ ist diese Haltung der beiden zwideren Legenden auf dem titelgebenden Song bestens konserviert: Die aggressive Verneinung und die Lust, die Dinge beim Namen zu nennen, ein Realismus, der schnell wie tiefschwarzer Pessimismus wirken kann.
Österreichische Popmusiker haben es naturgemäß schwer, auf heimische Traditionen aufzubauen. Als Baumgartner und Fuchs vor drei Dekaden noch in Graz gemeinsam Musik machten, waren sie als Fetish 69 dem härtesten Stoff zugetan. Fuchs: „Das einzig Österreichische, worauf wir uns damals berufen konnten, war der Wiener Aktionismus. Bei den Buben haben wir uns gewissermaßen eine Scheinidentität von Velvet Underground geklaut.“ Klar war den Buben am Anfang nur, dass man Rock machen wollte und Wienerisch singen. Nach all den Jahren mit Hardcore, Elektropop und Laptopprojekten wollte der Eklektiker Fuchs wieder Rock machen. Vor sieben Jahren schon recht ungewöhnlich, heute völlig unzeitgemäß. Gemeint war es auch als Antithese: „Die Gegenwart langweilt uns ein bisschen.“ Baumgartner: „Es war schon auch Absicht, studiotechnisch alles sehr basic zu halten und keine Samples zu verwenden. Die gitarrenfreudige Lebendigkeit von „Geisterbahn“ ist aber immer wieder melancholisch gebrochen: etwa in „Kodachrom“, bei dem sich unendlich nostalgische Gefühle an Medien festmachen, die alle im Verschwinden sind: Fax, Videokassetten, Super8, Dias.
Trotz solcher melancholischer Momente, die rockige Aggression bleibt bestimmend auf dem neuen Album. Das „Losjammern und Losschreien“ sei einfach ein Ventil. Fuchs: „Es ist extrem befreiend, solche Songs zu schreiben. In der Kunst kann man übertreiben und Dinge machen, die man im echten Leben tunlichst vermeiden sollten.“ (Martin Gasser)

www.terrorverlag.com

FM4 ist ein Jugendkulturradiosender des Österreichischen Rundfunks (ORF). Dort moderieren David Pfister und Christian Fuchs. Gleichzeitig singen die beiden Herren auch seit der Gründung 2015 in der Wiener Kapelle DIE BUBEN IM PELZ. Auf dem Zettel haben die Jungs gemeinsam mit Markus Reiter (Gitarre), Christof Baumgartner (Bass), Bernd Supper (Keys) und Gernot Scheithauer (Drums) einen kruden Mix aus Post Punk, Wiener Lied, Rock’n’Roll, Chanson, Todtraurigkeit und Humor. „Geisterbahn“ ist die zweite Langrille nach dem Debüt „Katzenfestung“ und für die Arbeiten am zweiten Streich sind die Ösis von der Donau an die Spree gereist, um gemeinsam mit dem EINSTÜRZENDE-NEUBAUTEN-Bassisten Alexander Hacke an den zehn Songs zu arbeiten. Daheim hat sich der Wiener Produzent Alexander Lausch noch mal der Tracks angenommen und entstanden ist ein kaputt-morbider Mix – ganz so, wie man es von einem Konglomerat der beiden Städte erwarten darf.
Da erhält das Partisanenlied „Bella Ciao“ nicht nur Wiener Schmäh und Melancholie, sondern wird gleich mal komplett in die österreichische Kapitale verpflanzt. Und auch die TON-STEINE-SCHERBEN-Nummer „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ verwirrt zunächst mit dem Wiener Zungenschlag, lässt die Autos aber ebenso im Berliner Wedding wie am Prater brennen. Feinste Schwermut serviert derweil die Ballade „Kodachrom“, die sich in Zeiten wohlfühlt, in denen man noch ein Myspace-Profil hatte und Mix-Kassetten aufnahm. Mit dem Titelstück „Geisterbahn“ zeigen DIE BUBEN IM PELZ ebenso wie beim eröffnenden „Fieber“, dass sie sich jedoch genauso gut auf temporeichen Rock’n’Roll verstehen. „Gott straft das Internet“ heißt es später und wie schön wäre es, wenn es tatsächlich einen alttestamentarischen Rachegott gäbe, der all den Trollen und Hatern im Netz den virtuellen Hals umdrehte.
Ich muss gestehen, dass ich mit dem Wiener Zungenschlag grundsätzlich nicht wirklich klarkomme. Zweifellos passen die mitunter schwarzhumorigen Texte aber durchaus zu diesem Idiom. Schließlich sagt man gerade den Wienern einen besonders düsteren Witz nach. Dieses Klischee bedienen DIE BUBEN IM PELZ mit „Geisterbahn“ ganz hervorragend und irgendwie funktioniert auch die musikalische Berlin-Wien-Connection, die ihren Startpunkt in der geteilten Mauerstadt der frühen Achtziger hat. Im Übrigen hat sich bei DIE BUBEN IM PELZ das Who‘s who der österreichischen Musik-Indie -Avantgarde versammelt, darf man mit den Herren Musikern doch Bands wie FETISH 69, BUNNY LAKE, DIE NEIGUNGSGRUPPE SEX, GEWALT & GUTE LAUNE, SCARABÆUSDREAM, LIGER sowie DESTROYED, BUT NOT DEFEATED in Verbindung bringen. (ULRIKE MEYER-POTTHOFF)

monkeypress.de

Moment… Da steht ja „Berlin Serie“ auf dem Cover und ergänzt somit den Titel Geisterbahn. Dabei verortet man Die Buben im Pelz doch eigentlich in Wien. Hier muss man einen Bogen zu den Einstürzenden Neubauten schlagen, denn diese begeistern die Wiener Band seit je her. Alexander Hacke als Bassist der Neubauten wiederum mag Die Buben im Pelz und so ergab es sich, dass die Band im späten 2019 nach Berlin reiste und mit Hacke am Album saß. Dass es nun eine Weile dauerte, bis die Scheibe auch wirklich erschien, ist auf die Pandemie zurückzuführen, aufgrund der viele Musiker ihre Veröffentlichungen verschoben hatten, so eben auch die Wiener, die hier musikalisch und auch inhaltlich zwischen den Städten und Stilen liegen.
Postpunk, Wienerlied, Rock’n’Roll, Chanson – dazu Todtraurigkeit und Humor. Das ist in etwa das Rezept der Band, was sich konfus lesen mag, aber am Ende Sinn ergibt. Im eröffnenden Fieber atmet der Klang eine gute Spur 60s Rock’n’Roll. Treibendes Tempo, zielstrebige Gitarrenakkorde und Solo-Momente geben einem einen guten Einstieg ins Album. Eines, bei dem die Dynamiken gerne wechseln. Während bspw. Frühlingsgespenster das 80er-Berlin durch schimmern lassen, schimmert beim folgenden Kodachrome verhangene Velvet Underground-Momente mit durch – was angesichts des einstigen Debüt-Albums, das als Die Buben im Pelz und Freundinnen „eingewienerte“ Album The Velvet Underground & Nico, nicht weitergehend verwundert.
Und überhaupt: das Wienerische! Das ist auf dem Album nicht zu überhören und ein wichtiges Element zudem. Vor allem bei den überraschenden Coverversionen. Das Partisanenlied Bella Ciao wird an die Donau verlegt und mit Macht kaputt, was euch kaputt macht erweist man Ton Steine Scherben alle Ehre. Eine rauchige Coverversion mit Wiener Schmäh, die eindeutig nicht nur ein Cover ist, sondern als Interpretation durchgeht. Ein gewisser Humor schwingt dabei auch gerne mit, was man in der in seinem Verlauf immer rockiger werdenden Nummer Gott straft das Internet gut merkt, wenn man humorvoll an Internet-Trolle denkt.
Am Ende hat man zehn Stücke, die es in sich haben und gute Brücken schlägt zwischen den genannten Genres und Einflüssen. Ganz grob ist es am Ende vor allem deutschsprachige Rockmusik mit Wiener Dialekt, aber ganz so grob lässt es sich eben auch nicht einordnen. Da erfreut man sich lieber an der Vielseitigkeit, die dennoch ein harmonisches Ganzes ergibt. Ein wirklich gelungenes Album, bei dem man bloß gerne länger als die knapp 40 Minuten zugehört hätte. Aber irgendwas ist ja immer. (Marius Meyer)

augustin.or.at

Vom Burenwurststand (2015, Velvet-Underground-Bearbeitungen) in die Katzenfestung (2017, Selbstgebranntes) und zeitnah direttissima in die Geisterbahn. Die FM4ler Christian Fuchs und David Pfister haben ihre Bubenband zum Sextett erweitert und bleiben ansonsten ihren derben Rock’n’Roll-Fantasien treu. Diesmal verbinden sie den abseitigen Wiener Prater mit dem Berliner Kreuzberg zu Mauerzeiten, dazu pflegen sie ihr Faible für die Einstürzenden Neubauten. Folgerichtig schmeißen sie sich mit dem Neubauten-Bassisten Alexander Hacke als Produzenten auf ein Packl, als Wiener Pendant agiert Alexander Lausch. Als weiterer Baustein der Berlin-Serie wird der frühe Ton-Steine-Scherben-Hit Macht kaputt, was euch kaputt macht sprachlich in die Donaumetropole übersiedelt. Apropos kaputt: In dieser Geisterbahn drängen sich noch weitere Albträume: Einsame Gammler treffen auf vergilbte Kodachrom-Momentaufnahmen, Saurer Regen verbrennt die Welt, und Gott straft das Internet und weitere sieben Plagen. Ein Spaßerl zwischendurch: aus Bella Ciao wird Baby Ciao.

musikglobal.com

Die Buben im Pelz ist ein Sextett aus Wien, welches auch etwas hörtere Gitarren einsetzt, aber auch textlich ziemlich rebelliert. Sie gehören zu den Gruppen welche gesellschaftsrelevante Lieder singen und nicht nur von der heilen Welt oder ihrem Innenleben. Das Titellied schildert die Geisterbahn auf dem Rummelplatz der Politik. Das italiensiche Antikriegslied „Bella Ciao“ haben sie an die Donau geholt und ein schönes Cover daraus gemacht. Das Lied „Macht kaputt was euch kaputt macht“ von Ton Steine Scherben, kommt mit voller Wucht und Wut daher. Da der Bassist der Einstürzenden Neubauten mitproduziert hat, hört man auch diese Einflüsse. Umwelt ist ebenfalls ein Thema im Lied „Sauerer Regen“. Jedes Lied ist gut und darum am Besten anhören und sich seine eigenen Gedanken dazu machen. (Fredi Hallauer)

www.rocktimes.info

Musik im Wiener Dialekt kommt wohl jedem von uns bekannt vor. Zumeist stammen diese Lieder aber aus dem Radio, konkret aus dem Bereich des Schlagers.
Die Buben im Pelz sind mit ihrer neuen CD “Geisterbahn” angetreten, Wiener Schmäh in der Rockmusik salonfähig zu machen. Gewöhnungsbedürftig klingt das nicht, denn die Kombination Musik und Mundart beziehungsweise Dialekt hat immer ihren Reiz. Deshalb ist das Prädikat selten zutreffender, nimmt man die Rockmusik zum Maßstab.
Die sechs Protagonisten legen mit “Fieber” verheißungsvoll los. Schnörkellos und dynamisch mit knackigem Gitarrenspiel kommt der Opener daher. Dem folgt der Titelsong der CD, “Geisterbahn”. Mit etwas mehr Keyboardunterstützung klingt das zweite Stück schon etwas experimenteller. Das Lied beschreibt die Gegenwart als Rummelplatz politisch verirrter Seelen. “Geisterbahn” geht gut ins Ohr. Die Komposition zeigt an einem Beispiel, dass es der Band in den Texten sehr wohl um Protest und Kritik geht. Doch setzen die Musiker hier nicht den Hammer an, denn ihre Melodien sind nur selten melancholisch oder gar traurig. Die Musik klingt eher schon versöhnlich, vor allem “Frühlingsgespenster” und “Einsame Gammler” sind eingängige Popmelodien.
Stilistisch lassen sich Die Buben im Pelz ohnehin nicht festlegen. Man kann die österreichische Band zwar in die Nähe von Indie und Alternative mit deutschsprachigen Texten rücken, aber ihre Vorliebe für die Einstürzenden Neubauten leben sie komplex aus. Die Berliner gehen einem betont experimentellen Musikstil nach. Beim Album “Geisterbahn” hatte die 1980 in Berlin (West) gegründete Formation fast so etwas wie eine Patenfunktion inne. Die CD wurde im Herbst 2019 zu Teilen von Alexander Hacke in Berlin aufgenommen. Hacke ist nicht nur Bassist der Einstürzenden Neubauten. Er arbeitet außerdem als Musikproduzent, als Komponist von Filmmusik und ist Schauspieler. Das dritte Album der Buben im Pelz wurde zu Beginn in Berlin aufgenommen. Hier wurde es produziert und gemischt. Involviert war ebenfalls der Wiener Produzent Alexander Lausch. Die Corona-Pandemie sorgte nach Information der Band dafür, dass der geplante Termin der Veröffentlichung im Frühjahr 2020 um genau ein Jahr verschoben wurde. Allerdings gab es 2020 bereits zwei Singleauskopplungen zu hören.
Der Ausflug nach Berlin haucht dem Album “Geisterbahn” ein wenig den Geist der frühen 80er Jahre in der einst geteilten Stadt ein. Zumindest kommen die beiden Sänger und FM4-Moderatoren David Pfister und Christian Fuchs übereinstimmend zu dieser Erkenntnis. Diese Vielfalt ist der vorliegenden Produktion keinesfalls abzusprechen, die dadurch sehr abwechslungsreich klingt. Die 2014 als Gesangsduo gegründete Band ist inzwischen auf sechs Mitglieder angewachsen. Damit ist das Ensemble natürlich musikalisch breiter aufgestellt. Somit gibt es fast nur noch Eigenkompositionen zu hören. Das hindert die Wiener aber nicht daran, ausgewählte Stücke anderer Musiker aufzunehmen. Auf “Geisterbahn” sind das einmal der Protestklassiker “Macht kaputt, was euch kaputt macht” von Ton Steine Scherben. Das Partisanenlied “Bella Ciao” wird von den Buben ebenso an die Wiener Donau verpflanzt.
Zur Komposition “Macht kaputt, was euch kaputt macht” schreiben die Österreicher auf der bandeigenen Facebook-Seite: »Wir verneigen uns vor 50 Jahre Ton Steine Scherben und 70 Jahre Rio Reiser auf unserer neuen Platte.« Rio Reiser wäre im vergangenen Jahr 70 geworden. Das Gründungsjahr der Band Ton Steine Scherben, dessen Sänger und Haupttexter Rio Reiser alias Ralph Möbius war, ist 1970.
Die Buben im Pelz bewegen sich musikalisch und textlich ebenfalls in dieser Richtung. Wie eingangs erwähnt, lassen sie sich stilistisch nicht festlegen. Ihre Außenseiter-Hymnen verschmelzen Post Punk und Wienerlied, Rock’n’Roll und Chanson, Traurigkeit und Humor. An ihrer Ausdrucksweise im Wiener Schmäh halten sie konsequent über alle Titel fest.
Die inoffizielle österreichische Indie-Allstarband überzeugt mit einem stimmungsvollen, nicht alltäglichen Album, das man mit gutem Gewissen als besondere Entdeckung einstufen darf. (Mario Keim)

www.crossfire-metal.de

Das ist schon ziemlich schräg, was das Wiener Künstlerkollektiv hier mal wieder aufgenommen hat. Einstürzende Neubauten sind ein großer Einfluss für die auf Sextettgröße angewachsenen Österreicher. Da macht es natürlich auch Sinn extra nach Berlin zu fahren, um dort mit deren Bassisten Alexander Hacke am neuen Material zu arbeiten. Dennoch klingen Die Buben Im Pelz etwas eingängiger, was an der Verschmelzung der archaischen Sounds mit Post-Punk, Chanson und gediegenem Rock ´n´ Roll liegt. Sehr interessant, wie völlig anders als die Originale, klingen die Neuinterpretationen des alten Partisanenliedes (aber eigentlich ein Lied der italienischen Frauenbewegung ist) „Bella Ciao“ und „Macht Kaputt, Was Euch Kaputt Macht“ von Ton Steine Scherben. Die Texte sind allgemein düster und beschreiben die Stimmung einer apokalyptischen Welt, in deren Auswüchse sich einiges aus der realen Gegenwart widerspiegelt. Ich persönlich werde mit dem Wiener Schmäh im Gesang nicht ganz warm, aber das ist Geschmackssache. Auf jeden Fall haben wir es hier mit einem außergewöhnlichen Werk zu tun und alleine das rechtfertigt es schon, wenigstens einmal rein zu hören. (7/10, Thorsten Roggenbuck)

OX Fanzine #156

“Nazis, Bazis, religiöse Spinner / Esos spielen Bongos / Langsam pack i’s nimmer / Verschwörungsnarren machen’s nur noch schlimmer / Der Bankomat ist hin, wir san gfickt für immer”; heißt es im Titellied “Geisterbahn”. Nicht nur damit gewinnt das Wiener Sextett Die Buben Im Pelz den Zuständen in Österreich – turborechte Faschist:innen-Regierung, grüne Mittäter:innen, Corona – und der human condition Wien ein formidables Lied ab, gleich zehn davon bekommen wir hier. 2015 begonnen von Christian Fuchs und David Pfister, Redakteure bei Radio FM4 und jahrzehntelang Wirkende in der musikalischen (Sub-) Kultur, um Velvet Underground in den, auch geistigen Dialekt Wiens zu übertragen, ist die Band mit “Geisterbahn” ganz formidabler Rockmusik auf der Höhe der Zeit mit eigen eingemeindeten anderen Einflüssen und Album Nummer drei angekommen. Aufgenommen mit Alexander Hacke in Berlin (und von Alexander Lausch in Wien), ist die Hitdichte immens. “Bella ciao” in morbid, “Gott straft das Internet” musste so gesagt werden, dazu wird wunderbar die Gitarre gewürgt. Die Ton Steine, Scherben-Adaption “Macht kaputt, was euch kaputt macht” gelingt, es ist eine Freude, dieser Band – eine Aland-Indie-Supergroup, die anderen Baustellen der Beteiligten lohnen den Besuch – bei der Arbeit zuzuhören. Geile Geisterbahn! (Rainer Krispel, 8/10)

thegap.at

Wien-Berlin-Connection – Die Buben im Pelz und ihr neues Album »Geisterbahn«
Für ihr drittes Album sind Die Buben im Pelz zu einer waschechten Rockband mutiert. Das macht musikalisch mehr als nur Sinn.
Elvis hat sein Graceland, die Beatles haben das Apple-Gebäude in der Savile Row, Metallica ihr Headquarter in San Rafael. Und die Einstürzenden Neubauten haben ihren Schrottplatz. Wobei, »haben« ist so eine Sache. Sagen wir so: In Berlin-Wedding gibt es einen Schrottplatz. Als im Spätherbst 2019 sechs Wiener dort herumspringen, ist die Apokalypse, der Kollaps, das Ganze, das uns wenig später ereilen sollte, noch weit weg und noch gar nicht auf dieser Welt. Doch diese sechs Wiener haben es da schon geahnt, dass irgendwas nicht stimmen kann.
Es sind natürlich auch nicht irgendwelche sechs Wiener, sondern namentlich Christian Fuchs, David Pfister, Christof Baumgartner, Markus Reiter, Gernot Scheitbauer und Bernd Supper, die sich seit damals gemeinsam Die Buben im Pelz nennen dürfen. Aus dem Duoprojekt von Fuchs und Pfister, die selbst schon verschiedenste musikalische Ausflüge unternommen haben, ist für das dritte Album eine echte Supergroup entstanden, die nun eben auch aus (Ex-)Mitgliedern von Bands wie Scarabeusdream, Destroyed but Not Defeated oder Liger zusammengewürfelt ist. Echte Bandmitglieder, keine Studiomucker. Dass sich das finanziell nicht ausgehen kann – mein Gott, l’art pour l’art muss auch mal reichen.
Ein paar Texterl auf Wienerisch
Es ist nicht so, dass Christian Fuchs und David Pfister untätig gewesen wären in den mittlerweile vier Jahren, die zwischen dem Jetzt und dem zweiten Album »Katzenfestung« vergangen sind. Der eine hat etwa mit Black Palms Orchestra aufgenommen, der andere mit The Devil and the Universe. Der Schritt zum doch sehr anderen Projekt Die Buben im Pelz ist aber ein recht kurzer: Ab und zu ein paar Texterl auf Wienerisch und so, wie der Pfister erklärt: »Wenn Christian und ich das Gefühl haben, wir haben was zu sagen, sammeln wir die Texte. Wenn wir auch das Gefühl haben, wir möchten sie nach außen tragen, formiert sich eine Platte.«
Das Songwriting war dieses Mal dann ganz anders als sonst, mehr organisch als erdacht sozusagen. Im Kollektiv mit der neu und fest rekrutierten Band – es sind jene Leute, die dann auch in Berlin sein werden – hat man gemeinsam an den Stücken gearbeitet; auf Computer wurde dabei verzichtet, alles analog. Fuchs erinnert dieses »kommunistische Songwriting« (Zitat Pfister) an Urzeiten seines musikalischen Schaffens: »Diese klassische Arbeitsweise – man geht in den Proberaum, schreibt einen Song, nimmt ihn gemeinsam auf –, das habe ich zuletzt bei meiner ersten Band Fetish 69 gemacht.« Der Blick ins Archiv beweist: Das ist richtig lange her.
Überhaupt ist auf diesem nun dritten Album der Gruppe Die Buben im Pelz einiges anders. Die erste Platte hat noch mit dieser einen Mörderidee aufgewartet, gleich ein ganzes Album, noch dazu einen geschichtsträchtigen Klassiker, in Wiener Dialekt zu übersetzen – wer sich an die Vinylversion von »Die Buben im Pelz & Freundinnen« mit der pellbaren Wursthaut nicht erinnern kann, hat nie geliebt. Apropos: Die ging letztens für 350 Euro bei Discogs über die private Ladentheke – Wertanlage! Und hat uns legendäre Stücke wie »Olle faden Parties« oder »Venus im Pelz« besorgt, Kultstatus inklusive.
Schroff wie die Kellner
»Katzenfestung«, das zweite Album aus dem 17er-Jahr, bestand im krassen Unterschied zum Vorgänger ausschließlich aus eigenen Kompositionen – eh klar, mehr künstlerische Freiheit. Zu genrevariablem Bindestrich-Rock ging’s dabei vor einem dunklen gesellschaftlichen Hintergrund aber auch tatsächlich um Katzen.
Auf »Geisterbahn« ist die musikalische Stimmung schroff wie die Kellner von Berlin und Wien, doomig und noisig, aber vor allem eines: rockig. Quasi ein musikalischer Gegenentwurf zur Gegenwart: Hoch lebe die Gitarre! Es gibt weniger Gäste, nur der Franz Adrian Wenzl und die Valerie Renay haben Gastauftritte, keine klassischen Features – die reguläre Band war jetzt eh genug. Und es gibt tatsächlich wieder Coverversionen, zwei politische Lieder noch dazu, die in ein Wienerisch gebracht werden: den Studentendemoklassiker »Macht kaputt, was euch kaputt macht« von Ton Steine Scherben und das italienische Partisanenlied »Bella Ciao«, das die meisten noch aus der »Bauerndisco« (Pfister) kennen dürften. Zwei Lieder, die inhaltlich für die Platte stehen. (Dominik Oswald)

Schall Magazin #24

Die Buben Im Pelz, allen voran Christian Fuchs und David Pfister (ex-Mitglieder der aufgelösten Formation Neigungsgruppe Sex, Gewalt & Gute Laune) haben die aktuelle österreichische Dialektpop-Welle maßgeblich mitbegründet. Mit vier banderfahrenen Kollegen wurde ihr Sextett DBiP komplettiert und Wiener Pop-Schmäh mit silistischen Einflüßen Makre Einstürzende Neubauten kombiniert. Die zehn Titel ihres Albums “Geisterbahn” sind folgerichtig von Alex Hacke zusammen mit dessen Wiener Kollegen Alexander Lausch produziert worden. War das “Die Buben im Pelz & Freundinnen”_Debüt 2015 noch eine The Velvet Underground-Reminiszenz, erinnern die aktuellen Titel zwischen “Fieber” und “Sterben am Strand” eher an die frühen 1980er Jahre in Berlin. Zu acht Eigenkompositionen gesellen sich das italienische Arbeiter-/Patrisanenlied “Bella Ciao” und “Macht kaputt, was euch kaputt macht”, beide sehr gewöhnungsbedürftig. Aber irgendwie fasziniert die Mischung aus Post-Punk, Wienerlied, Rock’n’Roll und Chanson dann doch. (Frank Keil)

Empire 3/2021

Das österreichische Sextett hat sein neues Album Geisterbahn in Berlin aufgenommen. Der Einstürzende Neubauten-Bassist Alexander Hacke hat die Platte produziert, und natürlich hört man seinen Einfluss heraus. Die Buben im Pelz haben mit Geisterbahn ein klassisches deutschsprachiges Rockalbum mit sarkastischen Texten und Wiener Schmäh erschaffen. Mit augen-zwinkerndem Charme covern sie den Ton Steine Scherben-Protestsong Macht Kaputt, Was Euch Kaputt Macht. Eigentlich ein Sakrileg, aber diese gegen den Strich gebürstete Version funktioniert. Ob man eine erneute Neuauflage von Bella Ciao einspielen musste, ist allerdings fraglich. Ansonsten eine feine Scheibe, die als rotes Vinyl inklusive Download-Code daherkommt. (Martin Dambeck)