FORMAT
noise145, CD
noise146, LP
STATUS
available
RUNNINGTIME
44 min. 52 sec.
TRACKLIST CD
01 Nakahama
02 Amakasu
03 Ôsugi
04 Taishô Tennô
05 Furuta
06 Itô
07 Tsuji
08 Wada
09 Arishima
10 Kanno
PRESSING INFORMATION
500 copies CD, digifile & booklet
TRACKLIST LP
A1 Nakahama
A2 Amakasu
A3 Ôsugi
A4 Taishô Tennô
A5 Furuta
B1 Itô
B2 Tsuji
B3 Wada
B4 Arishima
B5 Kanno
PRESSING INFORMATION
200 copies, printed innersleeve, DL code included
RELEASE DATE
01.09. 2023
Platzgumer/Tokujirô ist ein geheimnisvolles Duo, das aus dem zwischen Literatur und Musik wandernden Geist des Österreichers Hans Platzgumer und der stimmlichen Präsenz des Halb-Japaners Carl Tokujirô Mirwald besteht. Gemeinsam haben sie ein mysteriöses Klangreich namens “Taishô Romantica” erschaffen, das auf dem Roman “Großes Spiel” von Hans Platzgumer beruht.
Hans Platzgumer, der 1969 in der Stadt Innsbruck das Licht der Welt erblickte, hat seinen Wohnsitz in Lochau. Er ist kein Fremder in der Welt der Künste. Aus seiner Feder stammen Romane wie “Am Rand”, der 2016 auf die Longlist des begehrten Deutschen Buchpreises aufgenommen wurde.
In den folgenden Jahren ließ er Werke wie “Drei Sekunden Jetzt” (2018), ein Stück von purer Intensität, und “Willkommen in meiner Wirklichkeit!” (2019), einem Essay, der die Grenzen des Denkens erforscht, folgen. Zuletzt bezauberte er die Literatur-Welt mit “Bogners Abgang” (2021), einem Werk, das die Schleier zwischen den Welten zärtlich lüftet und den Leser in ein Reich voller Geheimnisse entführt.
Carl Tokujiro Mirwald, der 1968 in Tokio geboren wurde, hat seinen Weg in die pulsierende Stadt München gefunden, wo er als Schulleiter einer Montessori-Fachoberschule arbeitet. Doch seine Seele ist auch tief in der Musik, besonders der japanischen Musik, verwurzelt, und seit 1998 schwebt er in klangvollen Sphären, zusammen mit seinem kreativen Partner Hans Platzgumer.
Platzgumer/Tokujirô – ein kongeniales Duo findet sich
In den verborgenen Hallen einer Aftershow-Party Ende der 1990er, kreuzten sich die Pfade des österreichischen Musikers und Geschichtenerzählers Hans Platzgumer mit dem des halbjapanischen Sängers Carl Tokujirô Mirwald. Es war die Stimme von Carl, die Hans beeindruckte und mit dem betörenden Klang eines vergessenen Mythos, der die uralten Gesänge des Nô-Theaters mit den verführerischen Melodien der Unendlichkeit vermischte, verzauberte.
Die beiden erschufen das elektronisches Duo Shinto (“Weg der Götter”) das in den verborgenen Winden der Welt widerhallte und eine treue Schar von Suchenden anzog. So durchstreiften die beiden die mystischen Pfade Japans und Europas. Doch als die Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 nicht nur ihr Labelbüro zerstörte, waren sie gezwungen die bevorstehende Tournee abzusagen. Auch die Band wurde ad acta gelegt. Die europäische-asiatische Zusammenarbeit blieb aber bestehen.
Platzgumer/Tokujirô – wenn Buchstaben Musik werden
Seit dem Jahr des Neubeginns 2015 widmeten sich die beiden Herren Platzgumer und Tukojirô dem Mysterium der Taishô-Ära, einer längst, vergessenen kurzen Ära in Japans Geschichte, in der die Schleier zwischen Chaos und Ordnung, zwischen Vergangenheit und Zukunft am dünnsten waren. Gemeinsam haben Platzgumer/Tokujirô ein mysteriöses Klangreich namens “Taishô Romantica” erschaffen, das inhaltlich auf dem 2023 erschienen Roman “Großes Spiel” von Hans Platzgumer beruht.
Das Ergebnis ist ein Klangabenteuer, das weit von den gängigen Strömungen entfernt und Strömungen wie Jazz oder Experimental zuläßt. Mit Platzgumer/Tokujirô und “Taishô Romantica” taucht der Hörer in eine vergangene Welt ein, exotisch und dennoch erstaunlich verwandt mit der Gegenwart.
Es ist die klare, raue Stimme Tokujirôs, die das Album dominiert und beim Hörer sofort diese japanisches Atmosphäre erzeugt. Der Gesang strahlt eine poetisches Lyrik und tiefe Emotion aus und erweckt die Taishô-Ära mühelos zum Leben. Tokujirô stellt sich dabei in den Dienst eines Botschafters der Themen hinter der Instrumentierung von Platzgumer.
Das Vinyl als perfektes Medium für die Wärme und den Reichtum der Musik, bildet die perfekte Plattform für die Ausdruckskraft der Stimme. Sie treibt das Album und fesselt den Hörer, während die Keyboard-Melodien auf “Taishô Romantica” eine beruhigende und entspannte Atmosphäre verbreiteten.
Platzgumer/Tokujirô – ein fesselndes und unvergleichliches Erlebnis
Das Vinyl kommt in einem wundervoll gestalteten Artwork, das die zehn Songs liebevoll umhüllt. Cover und Innenhüllen sind mit zarten Tusche-Zeichnungen des Graphic Designers Dominik Uhl geschmückt. Die Tracklist enthält neben japanischen Texten die englische Übersetzung, um auch außerhalb Japans die Besonderheit dieses Projekts voll zu erfassen.
Zudem findet sich ein wunderschönes Zitat der japanischen anarcho-feministischen Journalistin Kanno Sugako auf der Coverrückseite, wie eine kurze, lesenswerte Erläuterung der Taishô-Ära. Alle Texte sind auf der Innenhülle in Japanisch und Englisch abgedruckt. So hat das Label Noise Appeal Records dafür gesorgt, dass dieses Album ein audio-visuelle Erlebnis für die Sinne garantiert.
Wer sich zum Sake und Sushi zusätzlich in eine der spannendsten Epochen der jüngeren, japanischen Geschichte zurück versetzen lassen möchte, ist hier richtig. Auch Literaturfreunden, die den Roman gelesen haben, ist die Vertonung der Geschichte an den Kimono zu legen. Selbstverständlich finden die Hörer, die ständig auf den Pfaden weit neben dem Mainstreet wandeln, ebenfalls hier einen wahren Schatz und Hörvergnügen.
Denn eins steht fest: “Taishô Romantica” ist ebenso interessant und wild wie die Ideen und Strömungen der Taishô-Ära eingangs des letzten Jahrtausends. (Lagartija Nick)
(Ms) Wenn Musik so richtig große Kreise zieht, bin ich dabei und lasse mich faszinieren. Auch von Klängen und Melodien, die sonst nicht bei mir laufen. Bis auf Mono kenne ich beispielsweise keine Band aus Japan, die bei mir laufen würde. Auch japanische Texte sind mir gänzlich unbekannt. Verstehen tue ich sie zwar nicht, aber das hat nun ein Ende. Hans Platzgumer, österreichischer Schriftsteller, hat ein Buch über die Taisho-Ära, einer Zeit in Japan, als sich das Land im massiven Umbruch Umbruch befand, genau vor einhundert Jahren. Soweit, so gut. Platzgumer hat auch vor über zwanzig Jahren mit Carl Tokujirô angefangen zu musizieren. Mit elektronischer Musik haben sie sich in Europa und Japan Bekanntheit erspielt. Nun haben sie gemeinsam zum Buch Lieder verfasst. Ganz dick aufgetragen könnte man nun sagen, dass es wie eine japanische Version von Tom Waits klingt. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn die Texte stammen von Lyrikern, die vor einhundert Jahren in Japan kreativ tätig waren. Also eine Art Hommage und eine starke Zusammenführung von Geschichte, Lyrik, Schriftstellertum und Musik. Das Buch Großes Spiel erscheint morgen und die Platte namens Taisho Romantica am 1. September. Lesen und hören gleichzeitig, hier ergibt es wahnsinnig viel Sinn und ich verneige mich vor so einem irren kreativen Output!
Taishô Romantica, the new full-length album by Hans Platzgumer and Carl Tokujirô Mirwald, takes listeners on a captivating musical journey inspired by the Taishô-era in Japanese history. With deep-rooted influences from this significant period, the album showcases Platzgumer’s musicianship and Tokujirô’s unique vocal abilities, resulting in a rich, luxurious, and truly distinctive listening experience from start to finish. One of the standout elements of Taishô Romantica is its exploration of intricate themes, melodies, and harmonies, carried out through Platzgumer’s skillful keyboard performance. The duo beautifully weaves complex and minimal orchestrations, creating a characteristic, captivating, and beguiling ambiance. The electronic rhythmic sequences further enhance this musical journey, adding depth and texture to the compositions.
Tokujirô’s crisp, raw, and abrasive vocal performance is the heart of this material. His distinctive vocals take center stage, delivering poetic lyricism with heartfelt emotion. Through his singing, Tokujirô brings to life the essence of the Taishô-era, effectively emphasizing the themes and intentions behind Platzgumer’s instrumentations. The expressive power of Tokujirô’s voice becomes a driving force behind the album, captivating listeners with its intensity. A notable aspect of Taishô Romantica is the album’s ability to create a calm, soothing, and relaxing lounge atmosphere. The combination of keyboard melodies and vocals resulted in a unique blend that will appeal to those seeking a distinctive musical experience. The album effortlessly transports listeners to another time and place, allowing them to immerse in the atmospheric soundscape created by these tremendous artists.
It is worth noting that Taishô Romantica is a carefully crafted album that showcases the artistic finesse and attention to detail that Platzgumer and Tokujirô possess. Each track is carefully composed and arranged, ensuring a coherent and cohesive listening experience. The duo’s dedication to their craft is evident in the seamless flow of the album, as each song seamlessly transitions into the next, maintaining the overall mood and atmosphere. Taishô Romantica is a remarkable album that stands out with its rich, luxurious, and distinctive sound. The has masterfully captured the essence of the Taishô-era and brought it to life through captivating compositions and performance. With Platzgumer’s musicianship and Tokujirô’s extraordinary vocal abilities, this album promises an engaging and unforgettable listening experience.
If you’re intrigued by Taishô Romantica and want to delve deeper into its enchanting sounds, head over to Noise Appeal Records and order it on a vinyl record. This format allows listeners to experience the music in its purest form, embracing the warmth and richness that vinyl records provide. The label thought about everything while assembling this release, so an enchanting audio-visual experience is more than guaranteed.
Ende der 1990er Jahre traf der österreichische Musiker und Schriftsteller HANS PLATZGUMER auf einer Aftershow-Party in München den halbjapanischen Sänger CARL TOKUJIRÔ MIRWALD. Bei seinem spontanen Auftritt überzeugte Carl mit dem fesselnden Klang eines japanischen TOM WAITS, der traditionelle Gesangstechniken des Nô-Theaters mit westlichen Einflüssen vermischte. Die beiden gründeten das Elektro-Duo SHINTO und veröffentlichten verschiedene Platten, zogen eine eingefleischte Kult-Anhängerschaft an und tourten mehrmals durch Japan und Europa. Als jedoch die Fukushima-Katastrophe von 2011 nicht nur ihre japanischen Labelbüros zerstörte, sondern sie auch dazu zwang, bevorstehende Tourneen abzusagen, legten sie der Band ad acta. Dennoch blieb ihre euro-asiatische Zusammenarbeit bestehen.
Im Jahr 2015 begann der Zweier, sich mit der Taishô-Ära zu befassen, einem Zeitraum in der japanischen Geschichte vor genau hundert Jahren, die eine Fülle neuer demokratischer und anarchischer Bewegungen hervorbrachte, die von zahlreichen gegensätzlichen Protagonisten angeführt wurden. Nun, acht Jahre später, ist Hans‘ Roman „Großes Spiel“ über diese historischen Kämpfe bei Zsolnay/Hanser erschienen und zeitgleich eine Sammlung von zehn neuen Liedern. „Taishô Romantica“ präsentiert japanische Texte aus dem frühen 20. Jahrhundert, welche die enge Verbindung von Leben, Tod und ideologischem Glauben in den dramatischen Taishô-Jahren darstellen. Musikalisch werden diese Texte mit einer extravaganten Partitur vorgetragen, die Muzak-Hintergrundmusik und Electronica mit theatralischen Elementen und Kammermusik vermischt.
Das Ergebnis ist ein Klangerlebnis, das schon einigermaßen weit vom Mainstream entfernt ist und am ehesten vielleicht dem Jazz zuzuordnen ist. In jedem Fall geht es mit PLATZGUMER/TOKUJIRÓ und „Taishô Romantica“ in eine alte und exotische, vergangene Welt, die jedoch verblüffend viele Ähnlichkeiten mit dem Hier und Jetzt aufweist. Im Booklet kann man die japanischen Texte übrigens in der englischen Übersetzung nachlesen, ansonsten wäre diese Veröffentlichung vielleicht auch außerhalb des japanischen Sprachgebiets ein wenig zu speziell – speziell ist das Projekt auch so schon zur Genüge…
“Taishô Romantica”, uscito per Noise Appeal Records, è il nuovo lavoro nato dalla collaborazione tra lo scrittore e musicista austriaco Hans Platzgumer e il cantante giapponese Carl Tokujirô Mirwald.
Il primo incontro tra i due risale al tramonto degli anni Novanta: poco dopo, i due avviarono una collaborazione poi culminata con la fondazione degli Shinto, ma la storia del progetto fu condizionata dal disastro di Fukushima che, nel 2011, provocò la distruzione degli uffici dell’etichetta e costrinse i due a cancellare il tour.
Quattro anni più tardi, i due artisti sono stati sedotti dalla “Taisho-era” del secolo scorso, un periodo ricordato in Giappone per l’emergere di movimenti democratici e anarchici che hanno ispirato il romanzo “Großes Spiel” di Platzgumer, pubblicato quest’anno insieme a una collezione di dieci brani che utilizzano testi del secolo scorso e li rielaborano su basi che mescolano elettronica e chamber music.
Sin dalle prime battute, quelle di “Nakahama”, la sensazione forte è quella di assistere a uno spettacolo teatrale dalle traiettorie musicalmente imprevedibili, ma che sembrano rispecchiare gli umori cangianti di un capitolo affascinante della storia giapponese.
I momenti più simbolici della narrazione di “Taishô Romantica” tendono a coincidere con “Taishô Tennô”, “Tsuji” e la conclusiva e rarefatta “Kanno”, rivelando una ricerca musicale che va ben oltre il semplice accompagnamento di parti testuali.
L’ultima fatica discografica dell’inedito duo conferma una notevole sensibilità artistica e la capacità di legare forme d’arte diverse per raggiungere uno scopo comune. (Piergiuseppe Lippolis)
Protagonisten des ungewöhnlichen Sounds sind der österreichische Musiker und Schriftsteller Hans Platzgumer und sein Partner in Crime, der halbjapanische Sänger Tokujiró Mirwald. Man gründete das Elektro-Duo Shinto, brachte einige Platten heraus und tourte zwischen Japan und Europa. Mit der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 wurden nicht nur ihre geschäftlichen Büros zerstört, sonder auch die Schaffensbasis und man legte das Projekt auf Eis. 2015 fand man wieder zusammen und interessierte sich für die Taishó-Ära (bitte bei Interesse einmal selbst recherchieren, denn das würde den Rahmen des Reviews sprengen) und setzte zu dieser Bewegung zehn Songs um die in japanisch intoniert werden.
Das sind Texte aus dem frühen 20. Jahrhundert. Die Texte gibt es im Booklet auf Englisch. Musikalisch trifft Tom Waits – musikalisch nicht stimmlich) auf feine Jazz-Beats. Was soll ich sagen? Die Musik ist gefällig und leicht verdaulich, aber die Vocals wirken recht fade. Sehr gewöhnungsbedürftig. (Daniel Müller. 6/10)
PLATZGUMER/TOKUJIRO (also die zwei Musikanten, die man bisher als Shinto kannte). Der ElektroAnteil steigt weiter, in “Osugi” sind die drumsounds schon beinahe Disko-kompatibel. Und genau dann, wenn man glaubt, das Prinzip nun wirklich verstanden zu haben und sich fast schon ein wenig zu langweilen beginnt – genau dann zünden die beiden die nächste Stufe. “Ito” nämlich kommt auf (Indie)PopSohlen daher, auch “Zuhi” lockert den GesamtSound mit einer vorher hinter dem PluckerBeat kaum wahrgenommenen GitarrenLinie auf und “Wada” federt dann gar auf einem dub-riddim. Die (im booklet auch ins Englische übersetzen) Texte stammen von anarchistischen Dichtern und PolitAktivistInnen aus dem Japan der 1910/20er Jahre. “Kanno” z.B. wurde geschrieben von Suga Kanno, die auf dem back-cover als “japanese feminist and anarchist” vorgestellt wird und kurz vor ihrer Hinrichtung 1911 ausrief: “My twenty-year-old soul I leave behind. I dedicate it to those who will follow in a hundred years.” Wir sollten uns dessen würdig erweisen – Hans Platzgumer und Carl Tokujiro Mirwald haben es mit dieser Hommage schon getan! 5
Ich dachte beim blinden Reinhören zunächst an eine georgische Kammerpop-Band, doch damit lag ich ziemlich verkehrt. Hinter „Taishô romantica“ stecken ein Österreicher und ein Halbjapaner, einer davon sogar kein Unbekannter: Hans Platzgumer. Nach diversen Punkbands in Innsbruck erlangte er nach seiner Umsiedlung nach New York mit H.P. ZINKER via Matador Records erstmals größere Aufmerksamkeit. Später arbeitete er vermehrt in den Bereichen Theater und Hörspiel, bevor er auch als Autor viel Beachtung fand.
Diese Vielseitigkeit in seinem Leben (die man im Nachhinein auch stilistisch schon bei H.P. ZINKER ausmachen konnte) spiegelt sich nun auch in seiner Zusammenarbeit mit dem Sänger Carl Tokujirô Mirwald wider, der hauptberuflich als Kunst- und Japanischlehrer, Schulleiter der Montessori Fachoberschule München und als Gastdozent an der Internationale Gesellschaft für systemische Therapie in Heidelberg tätig ist. Wenn zwei so vielseitig interessierte Menschen aufeinandertreffen, kann eine gemeinsame Zusammenarbeit für Außenstehende schnell auch mal anstrengend werden. Das dem nicht so ist, bewiesen die beiden bereits Anfang der Zweitausender mit dem minimalistischen Elektroduo SHINTO. SHINTO wurde 2011 zu den Akten gelegt, doch 2015 begannen die beiden eine neue Kollaboration, in der sie sich mit der Taishō-Zeit befassten, einer Ära in der japanischen Geschichte, in der es zu entscheidenden Machtverschiebungen, verbunden mit kulturen Änderungen kam. Platzgumer thematisierte dies auch in seinem Buch „Großes Spiel“, zusammen wurde dies auch vertont. Mit Tokujirôs an TOM WAITS erinnernde Stimme klingt das Ergebnis wie ein zart angejazztes Kammermusik-Album, das aber auch dezente elektronische Spielereien zulässt. Gefallen könnte dies Fans von Bands wie den DRESDEN DOLLS, natürlich auch TOM WAITS, aber auch Freunden der klassischen Musik und des Jazz. Erfreulich an diesem Album: die vielen Einflüsse wirken auch hier keineswegs anstrengend, was sicherlich auch an der zurückhaltenden Form der Instrumentierung liegt. (Jens Gerdes, 3,5/5)
Taishô Romantica ist eine Zusammenarbeit des österreichischen Musikers und Schriftstellers Hans Platzgumer und des in Tokyo geborenen Künstlers Carl Tokujiro Mirwald, der unter anderen auch als Schulleiter aktiv ist, hier als Sänger.
Die Beiden lernten sich Ende der neunziger Jahre kennen, man gründete eine Band, das Elektro-Duo Shinto, das bis etwa 2011 existierte, die Zusammenarbeit der Künstler jedoch nicht beendete. Während Platzgumer aktuell einen neuen Roman veröffentlichte, erschien zeitgleich eine Sammlung von zehn neuen Songs. So werden auf Taishô Romantica japanische Texte aus dem frühen 20. Jahrhundert, welche die enge Verbindung von Leben, Tod und ideologischem Glauben in den dramatischen Taishô-Jahren darstellen, präsentiert. Musikalisch werden diese Texte mit einer extravaganten Partitur vorgetragen, die Muzak-Hintergrundmusik und Electronica mit theatralischen Elementen und Kammermusik vermischt.
Alle Texte sind im separaten Booklet abgedruckt, und wer nicht die Möglichkeit hat, der japanischen Sprache kundig zu sein, kann gern die darunter abgedruckten englischsprachigen Übersetzungen zu Hilfe nehmen. Im Einzelnen sind die jeweiligen Urheber aufgeführt, da stammen die Grundlagen zum Beispiel von Daijiro Furuta, einem politischen Aktivisten, Anarchisten und Poeten, der von 1900 bis 1925 lebte, dann wurde er gehängt, oder Jun Tsuji, einem Lehrer, Übersetzer und Dadaisten, der von 1884 bis 1944 lebte, und sich zu Tode hungerte. Polizeigewalt und Selbstmord waren weitere Todesursachen der Urheber der Songs.
Ja, und wie soll man das Ganze genretechnisch nun einordnen? Zunächst ist das alles Andere als Mainstream, also muss ich zunächst Assoziationen fließen lassen. Höre ich zum Beispiel “Amakusu”, muss ich an einige Songs des Ex-Soft Machine-Drummers Robert Wyatt denken, ist hier die Stimmung doch mitunter recht ähnlich. Weil die Texte auch aus Japanisch gesungen werden, ist diese typische Ausrichtung natürlich stark in diese spezielle Art einzupacken, so verbinden sich Japan und Europa. Im Pianospiel von Platzgumer finden sich auch Elemente des Jazz wieder, und somit ist diese Musik schon sehr eigenwillig, die elektronischen Drums und die Keyboards dazu, dass läßt mich dann wiederum an einige Songs von Ryuichi Sakamoto denken, ja, so nach und nach schließt sich ein gedanklicher Kreis zur Beschreibung der Musik.
Jazz – ja, das stellt sich doch tatsächlich noch in gewisser Weise ein mit “Taishô Tennô”, allerdings sehr elektronisch mit dieser swingenden Rhythmus-Programmierung, und wenn sich dann dieser leicht vibrierend-zitternde Gesang dazu gesellt, dann wird es sehr eigentümlich, irgendwie scheint man auch zu meinen, aus dem Hintergrund könnte nun Tom Waits auftauchen, um mitzumischen. Zwar mag die insgesamt stark elektronische Gestaltung des musikalischen Gerüsts ein wenig befremdlich wirken, und vielleicht hätte die Musik mit echten Instrumenten vielleicht noch ein wenig mehr emotionale Zurichtungen, doch letztlich passt es wohl genau so am besten zusammen. Und ich bin immer dann erfreut, wenn sich gelegentlich der Gitarrist Mathias Hämmerle dazugesellt, um genau diese fehlende Wärme einzubringen, ja, genau – das passt genau so!
Zuguterletzt gibt es ja dann noch “Kanno”, hier erweitert sich die Band um Flöte und Congas. Gern hätte man diese Instrumentierung für das ganze Album anwenden können, es gibt der Musik noch mehr Dichte und Ausgeglichenheit in der Gestaltung. (Wolfgang Giese, 14/20)
Keine leichte Kost, so viel ist schnell klar. Im Falle von „Taisho Romantica“ handelt es sich um die inhaltlich verkürzte Vertonung eines Buchs von Schriftsteller Hans PLATZGUMER, der sich mit einer kurzen mythischen Phase der japanischen Geschichte befasst. Aus der Taisho-Ära wird kurzerhand „Taisho Romantica“. Mit dem Halb-Japaner und Sänger Carl TOKUJIRO Mirwald hat Hans PLATZGUMER bereits im Kontext des Elektro-Duos Shinto zusammengearbeitet. Nun tritt man schlicht unter den eigenen Nachnamen an. Die Überführung des literarischen Plots in Musik erfolgt nichtsdestotrotz wieder entlang elektronischer Beats und Rhythmen sowie unter Fortführung von eher gesprochenen als gesungenen Vocals. Weshalb Carl TOKUJIRO Mirwald bisweilen als japanische Tom Waits bezeichnet wird, gibt das Album schnell preis. Er klingt düster, rauchig und stimmungsvoll. Gleichzeitig wird deutlich, dass PLATZGUMER / TOKUJIRO allein für Hörer aufspielen, die sich auf „Taisho Romantica“ wirklich einlassen und es sich erarbeiten. Im Booklet finden sich englische Übersetzungen der japanischen Texte, so dass man nachvollziehen kann, was den aufgebauten Stimmungen zugrunde liegt. Musikalisch gibt es eine zumeist minimalistisch vorgetragene Mischung aus Jazz und experimentellen Sounds, die den Gesang damit gut spiegeln und untermalen. PLATZGUMER / TOKUJIRO geben sich auf „Taisho Romantica“ keine Mühe, es Hörern leicht zu machen. Entsprechend verkopft und künstlerisch abstrakt nimmt man dieses Album wahr. (Arne, 3,5/5)